Die Nachtschwester
 

"So ein Mist!" dachte Michael bei sich, als er an sich herabsah.
Unverhofft kommt ja bekanntlich oft und nun durfte er erst einmal ein paar
Tage im Krankenhaus angeschlossen an Schläuche vor sich hindümpeln.
Und nur weil er mal wieder der Statistik ein Schnippchen schlagen wollte
und sich die Lunge verabschiedet hatte.

Michael langweilte sich. Immer wieder legte er das Buch, das sein Kumpel
ihm vorbeigebracht hatte, beiseite. Naschte ein bißchen Obst oder Süßigkeiten.
Machte den Fernseher an - wieder nur irgendwelche doofen Talkshows -, machte
den Fernseher wieder aus. Er haßte es, so untätig rumzuliegen.

Als der Abend kam, war er putzmunter. Keine Spur von Müdigkeit. Wovon auch?
Also durfte er sich auch noch die Nacht durch langweilen. Zum Glück hatte er
sein Zimmer noch alleine, da konnte er den Fernseher so oft ein- und ausschalten
wie er lustig war. Irgendwann gegen 23 Uhr öffnete sich die Zimmertür.
Er hatte seine Bettlampe schon ausgeschaltet, nur der Fernseher erhellte den
Raum noch ein wenig. Die diffuse Nachtbeleuchtung vom Krankenhausflur zeigte
den Umriß eines Zauberwesens im Türrahmen.
Offensichtlich die Nachtschwester. In einem klassischen Kleidchen, wie man es
sonst nur noch in irgendwelchen romantischen Arztserien sah. Langes wallendes
Haar schien ihr über die Schultern zu fallen, die Farbe konnte er nicht erkennen.
Die Taille wirkte wie mit dem Korsett geschnürt, so schmal war sie.
Ob sie viel Holz vor der Hütt'n hatte, konnte er leider nicht erkennen.
Aber ihre Beine...! Endlos schienen diese zu sein, mit wohlgeformten, kräftigen, aber
nicht dicken Waden. Michael hatte den Mund weit aufstehen, der Sabber lief ihm im
Mund zusammen. Das wäre ein Zeitvertreib für die Nacht.
Aber da hatte er wahrscheinlich schlechte Karten. Mit einer einschmeichelnden, überaus
sexy wirkenden Stimme fragte sie ihn, ob alles in Ordnung sei oder ob sie noch etwas
für ihn tun könne.
"Och, ich wüßte da schon was, aber dafür werden sie eigentlich NICHT bezahlt," murmelte
Michael, weil er einfach das Bedürfnis hatte, seine eigentlich Intimen Gedanken zum Ausdruck zu bringen.
Sie lachte glockenhell. "Ich denke mal drüber nach."

Mit diesen Worten schloß sie die Tür wieder hinter sich und war verschwunden.
Michael zappte weiter durch die Programme. Irgendwann landete er bei einem dieser
billigen Sexfilmchen. Das würde ihm auch nicht weiterhelfen, dachte er mißmutig. Er zog
sich die Bettdecke bis zum Hals und schloß die Augen. Irgendwann döste er ein, noch das
Stöhnen der Akteurinnen im Fernsehen in den Ohren.
Er wachte auf, weil ihn etwas im Gesicht kitzelte. Schlaftrunken öffnete er die Augen und
sah erst einmal rot, nein braun. Im wahrsten Sinne des Wortes, überall um ihn herum flossen
brünette Haare, während die Besitzerin der Haare gerade damit beschäftigt war, seinen
Oberkörper mit den Lippen Vorsichtig zu umspielen.
Er räusperte sich verlegen. Sie bemerkte es und drehte ihr Gesicht zu ihm. "Ich habe mir
dein Angebot von eben noch einmal durch den Kopf gehen lassen," hauchte sie ihm entgegen.
Es war tatsächlich diese Superfrau, die sich vor einiger Zeit nach seinem Wohlbefinden
erkundigt hatte. Bei dem Gedanken, daß sie sein Angebot, ihm die Zeit ansprechend zu
vertreiben, annehmen würde, begann sich die Bettdecke leicht zu wölben. Er sah ein wenig
verlegen zu dem Zeltplatz in der Mitte seines Bettes hinunter und räusperte sich erneut, wußte
kaum, was er nun sagen sollte.

Auch sie bemerkte seine Verlegenheit und grinste anzüglich. Sie sah so wunderschön aus, als
sie weitersprach und dabei ganz selbstverständlich mit ihren zartgliedrigen Fingern in seinen Brusthaaren spielte.
"Eben noch eine große Klappe und nun kneifen? Ich habe mich doch so auf ein kleines
Spielchen mit einem fast wehrlosen Patienten gefreut." Ihr Hände wanderten tiefer. Michael fiel
beim besten Willen nichts geistreiches ein, das er hätte von sich geben können. Deshalb hielt er
einfach den Mund und zog sie an sich.
Ihre sinnlichen, fein geschwungenen Lippen kamen immer näher. Sie trug keinen richtigen
Lippenstift, aber ihre Lippen glänzten seidig in dem diffusen Licht des Fernsehers. Als ihre
Lippen sich trafen, durchfuhr es ihn wie ein Blitz. So etwas hatte er nicht mehr gefühlt seit
er das letzte Mal verliebt war. Es war, als liefen tausende von Ameisen durch seine Blutbahnen.
Sein ganzer Körper kribbelte.
Natürlich kribbelte auch seine Körpermitte, aber das war jetzt nicht mehr primär wichtig.

Seine Zunge tastete sich vorsichtig vor, fuhr über ihre herrlich warmen Lippen, teilte sie und
fuhr vorsichtig in ihre Mundhöhle hinein. Ihre Zungen trafen sich und er glaubte, sterben zu
müssen, wenn sie sich jemals wieder von ihm trennte. Ihre Finger spielten unter der Bettdecke
herum, während sie sich eng an ihn schmiegte und schließlich fast mit auf seinem Krankenbett lag.
Er hätte sich so gerne herumgeworfen und sie unter sich begraben, aber daran hinderte ihn seine
verdammte Lunge und der zugehörige Verband sowie die Schläuche. Irgendwann lösten sich ihre
Lippen voneinander. Sie sahen sich tief in die Augen. Mit ihrer sinnlichen Stimme hauchte sie.
"Eigentlich wollte ich nur ein schnelles Sexabenteuer, aber dafür bist Du mir viel zu schade."
Sein Herz machte einen Sprung und er brachte nur ein gestottertes "mir geht es genauso" heraus.
Das hinderte ihn allerdings nicht daran, in ihren Ausschnitt zu
starren, wo sich ihm pralle Brüste entgegenstreckten.
Er bedeckte ihr Dekolleté mit lauter kleinen Küssen, was sie mit einem wollüstigen
Stöhnen bedachte. Seine rechte Hand fuhr unter ihr Kleid und glitt über ihren prallen Po.
Erst jetzt fiel ihm auf, daß sie gar keinen Slip trug.
Sie grinste: "Na, der hätte doch nur gestört, oder?" Plötzlich ging irgendwo draußen auf
dem Gang ein Signal los. Sie sprang auf, aus der Traum. "Tut mir leid, die Arbeit ruft."
Und sie ging schnellen Schrittes Richtung Tür. "Aber ich komme wieder, keine Angst."
Mit diesen Worten glitt sie aus dem Krankenzimmer hinaus.
Wie sie versprochen hatte, kam sie wieder. Und dieses Mal wurden sie nicht
unterbrochen und erlebten zwei wundervolle Stunden miteinander.
Michael wußte bis dahin nicht, daß Sex so intensiv und leidenschaftlich, mit einer
doch Fremden Frau, sein konnte. Die restlichen Tage im Krankenhaus vergingen
wie im Flug. Er schlief tagsüber und nachts kam SIE. Aber auch diese, durch
die schöne Nachtschwester versüßte Zeit ging bald vorbei.
Und er durfte oder mußte wieder nach Hause.
 

ENDE